Warum unterscheidet sich Feedback an einem Kreativen von anderen Feedbacks?

Kreative wie z. B. Texter, Grafiker, Art Direktoren, Konzeptioner oder Musiker sind eine besondere Gattung Menschen. Sie haben ein besonderes Talent, und das spielt eine sehr, sehr große Rolle in ihrer Arbeit. 

In Kreativität fließt die eigene Erfahrung, Persönlichkeit, Vergangenheit, sowie der eigene Geschmack, persönliche Themen, Ideale und Emotionen ein. Somit ist ein kreatives Produkt immer auch ein Stückchen von dem Menschen, der es geschaffen hat. Es ist ein wie ein Kunstwerk. Nur dass es in Auftrag entsteht und einen profanen Zweck dient: dem Verkauf einer Dienstleistung oder eines Produkts.

Es fließt also mehr hinein, als nur Klicks oder getippte Worte. Man sollte immer respektvoll mit der Arbeit anderer umgehen, aber in dem Fall muss man diese Aspekte besonders berücksichtigen, wenn man über ihre Arbeit sprechen möchte.

Ultimative Anleitung zum guten Kreativ-Feedback 

Hier meine gesammelten Tipps, wie man Kreativen gutes Feedback geben kann – aus 14 Jahren Agentur- und Marketingerfahrung:

Das Ergebnis ist immer nur höchstens so gut wie das Briefing

Erstmal einen Schritt zurück: Natürlich müsst ihr das Briefing auch genau festgelegt haben: was ist das Ziel? Was muss berücksichtigt werden? Stellt sicher, dass ihr diese Informationen vorher schon gut festgelegt habt und dass ihr diese auch dem Kreativen vermittelt habt. „So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“ ist da meine Devise, um kreativen Spielraum zu lassen und mit einer Lösung überrascht zu werden.

Den Kreativ-Vorschlag richtig bewerten

Wenn der Vorschlag euch zugeschickt wurde, macht erstmal eure Hausaufgaben: nehmt euch Zeit, ihn zu begutachten. Wie ist euer erster Eindruck? Gefällt euch der Gesamt-Entwurf? Versteift euch aber nicht zu sehr in diesem ersten Eindruck. 

Solltet ihr den Vorschlag live vorgestellt bekommen, könnt ihr gerne euren ersten Eindruck teilen und anschließend sagen, dass ihr euch das in Ruhe anschauen möchtet.

Schaut euch noch mal die Kriterien aus dem Briefing an, und bewertet, ob der Entwurf die Ziele erfüllt. Betrachtet die verschiedenen Ebenen des Vorschlag: Farben, Layout, Elemente, Bilder, Typographien; Oder Textstil, Textlänge, Storyline, Wortwahl; und so weiter.

Überlegt, welche Aspekte ihr:

  1. positiv hervorheben könnt,
  2. welche überarbeitet werden sollten und
  3. wo ihr Rückfragen habt.

Das Gespräch ankündigen

Anschließend bedankt euch bei eurem Kreativen und macht einen Termin mit ihm/ihr aus, bzw, fragt, ob und wann er/sie Zeit habt, um darüber zu sprechen. So kann sich euer Gegenüber auch darauf einstellen, dass es Kritikpunkte gibt. Denn wenn alles super wäre, würde ja die Nachricht “Alles super, nehme ich so” reichen.

Den Kreativ-Vorschlag verstehen

Wenn nicht schon geschehen, lasst euch den Entwurf erklären und präsentieren. Ich kenne kaum einen Kreativen, der nicht bis ins Detail alles durchdenkt. Fragt einfach:

“Vielen Dank für den Vorschlag. Mir ist es wichtig, detailliert mit dir darüber zu sprechen. Kannst du mir kurz zusammenfassen, was dir dabei wichtig war und was die wichtigsten Aspekte sind?”

Anschließend bedankt euch für die Arbeit und erkennt die Leistung an. Hebt hervor, was ihr gut findet.

Es geht um das Ziel

Behaltet das Ziel im Auge und wenn ihr denkt, dass etwas nicht im Einklang mit der Zielsetzung ist, weist darauf hin. Euch stört ein Punkt, eine Farbe oder eine Note? Fragt nach. Hier ist offener Dialog geboten. Da sind Formulierungen gefragt wie:

„Ich frage mich, ob…“,

„Das Ziel war xxx, das reflektiert das noch nicht ganz aus meiner Sicht. Was meinst du?“,

„Meinst du, es gibt eine stärkere Lösung um…“,

etc.

Zu vermeiden sind konkrete Verbesserungsvorschläge – es sei denn ihr seid vielleicht selbst aus dem gleichen Fach:

Also anstelle von „Bitte setze dieses Element dorthin“, eher „Wie kann man den Aufbau verändern, dass es insgesamt aufgelockert ist?“.

Anstelle von „Ändere die Headline durch diese: …“, lieber „Kann die Headline frecher und fordernder werden?“

Sucht euch eure Kämpfe aus

Ihr seid im gleichen Boot. Ihr wollt was Gutes haben und der Kreative will was Gutes geben. Ihr habt das selbe Ziel. Kämpft nicht gegeneinander, das hat gar keinen Sinn und verbraucht umsonst Energie. Arbeitet viel mehr miteinander!

Solltet ihr den Entwurf im Namen eines Kunden entwickeln, und alle Änderungswünsche des Kunden „doof“ sind, dann kämpft nicht um alle. Sucht euch gemeinsam als Team aus, welche Aspekte die Wichtigsten sind, für die ihr wirklich einstehen wollt.

Don’t kill the messenger

Ich habe es oft erlebt, dass Kreative trotzdem pikiert sind, wenn ihre Arbeit nicht 1-zu-1 applaudiert wird. Und das ist auch ok. Bei jeder Art von Feedback muss man dem Empfänger die Möglichkeit lassen, Emotionen darüber rauszulassen. Erwartet nicht spontane Freude!

Wenn ihr trotzdem zur Sau gemacht werdet, dann hilft nur noch Humor: „Bringe nicht den Übermittler der Botschaft um!“. Denn am Ende seid ihr immer noch im gleichen Boot.

Es mag ein Vorurteil sein, dass man Kreative nur mit Samthandschuh anziehen kann, aber der Schlüssel liegt – wie so oft – im partnerschaftlichen Miteinander.

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