Es ist mir in der jüngsten Vergangenheit zweimal passiert, dass mir gesagt wurde, ich hätte unrecht. Einmal online in einer Facebook-Kommentarspalte und einmal offline, “in echt”. Und beide Male sind mit die Haare zu Berge gestiegen – obwohl ich in beiden Fällen tatsächlich unrecht hatte. Lest hier, warum es so war, und was “jemandem sagen, dass er unrecht hat” mit “Feedback geben” zu tun hat.

 

Zwei Situationen, in denen ich vor Kurzem unrecht hatte

Diese beiden Situationen könnte man als Mustersituationen beschreiben: 

Situation Nr. 1: Die Facebook-Kommentarspalte

In einer Facebook-Gruppe fragt jemand nach Hilfe. Es geht um einen Kinder-Betreuungsplatz. Da ich das ganze Prozedere in Köln einmal hinter mich gebracht habe und mitten im zweiten Mal stecke, antworte ich relativ ausführlich über meine Erfahrung, was man dabei beachten muss und erwarten kann. Mitten in meinem Beitrag gebe ich eine Information, die nicht ganz korrekt ist (und zwar dass man von der Stadt Köln einen Anrecht auf einen Kindergartenplatz erst ab dem Sommer nach dem 3. Geburtstag hat), aber die korrekte Antwort würde eine lange Erklärung erfordern (man hat einen gesetzlichen Anrecht auf einen Kinderbetreuungsplatz ab 1 Jahr, was aber in Köln heißt, dass die Stadt dir Vorschläge für Tagespflegepersonen gibt – ab dem Moment gilt ihre Pflicht als erfüllt – und nicht dass sie dir einen Kindergartenplatz geben, weil es schlicht und einfach nicht ausreichend gibt. Erst mit 3 Jahren kann man einen Platz in einer städtischen Einrichtung fordern und erwarten.) und ist in dem Moment für den Hilfesuchenden nicht behilflich (der Tenor meines Kommentar war: Schnellst möglicht eine TPP suchen, und nicht auf einen Kitaplatz hoffen). Daraufhin folgt ein Kommentar von einer dritten Person: “Das ist falsch. Man hat Anspruch ab 1 Jahr.” Ohne weitere Erklärung, was diese Information für den Hilfesuchenden impliziert.

Situation Nr. 2: Das Stammtisch-Gespräch

Wir sitzen in einer kleinen Gruppe von Menschen zusammen. Ich unterhalte mich mit meiner Sitznachbarin, und wir reden über den Wohnort eines gemeinsamen Bekannten. Dazu erwähne ich, dass diese Person im Stadtteil Köln-Neuehrenfeld wohnt. Darauf hin sagt meine Sitznachbarin “Das ist nicht Neuehrenfeld, es ist Ehrenfeld.” Daraufhin antworte ich, dass die Grenze doch zwischen den zwei Vierteln am Gürtel läge, und dass die Grenze zwischen den Postleitzahlen doch genau dort liegen würden. Darauf hin meine Sitznachbarin: “Nein, das ist falsch, es ist Ehrenfeld. Ich weiß es, ich arbeite dort.”

In beiden Fällen habe ich erst versucht zu argumentieren, fühlte mich aber wie vor einer trotzigen Wand, und habe dann aufgegeben. Aber, und das ist ausschlaggebend: in beiden Fällen hatte die Gegenpartei Recht – nur habe ich mich dabei mies gefühlt.

Ist es schlimm? Nein. Ich habe mich erholt. Dazu muss man wissen, dass ich sehr, sehr ungern unrecht habe. 😀

 

Warum beschäftigen mich diese Situationen?

In beiden Situationen hatte ich unrecht, am Ende der zweiten Situation habe ich sogar etwas dazugelernt (nachdem ich es gegoogelt hatte: Tatsächlich liegt die offizielle Grenze zwischen Ehrenfeld und Neuehrenfeld an der Subbelrather Straße). Aber am Ende beider Situationen fühlte ich mich blöd und war genervt und beide Personen sind mir jetzt nachhaltig unsympathisch. Ist das schlimm? Nein, nicht unbedingt. Denn ich habe nicht viel mit diesen Personen zu tun.

Aber wäre es schlimm, wenn eine dieser Personen mein Vorgesetzter wäre? Ja. Denn genau eine solche Situation würde nicht gerade eine harmonische Beziehung fördern, und es würde zwangsläufig zu einer geringen Motivation führen, für diesen Menschen etwas zu tun.

 

Also, wie kann man denn nun jemandem auf eine gute Art sagen, dass er unrecht hat?

Das wichtigste Learning vorab: Führungskompetenzen kann man im tagtäglichen Leben üben und anwenden.

Aber was sonst: Wenn jemand auf einer unangenehmen Art sagt, dass du unrecht hat, hilft dir vielleicht der Gedanke daran, dass dein Gegenüber womöglich eine Tendenz zu einer zwanghaften Persönlichkeit hat. Menschen mit einer solchen Tendenz haben Schwierigkeiten falsche oder ungenaue Informationen zu akzeptieren, unabhängig davon, ob die Richtigstellung der Information relevant für das Gespräch ist oder nicht. Das Korrigieren der Information wird wichtiger, das Einordnen der Wichtigkeit dieser Information im Gesprächszusammenhang nebensächlicher. 

Was tun also: Wenn die Information (egal ob richtig oder falsch) für das Gespräch unwichtig ist, freundlich lächeln und die Information stehen lassen. Wenn es am Ende des Tages egal ist, ob die Information stimmt oder nicht (wie im Musterbeispiel 2), dann muss man seine Energie nicht dafür aufwenden. Wenn die Information wichtig ist, und sich beide Parteien nicht einigen können, dann muss man die richtige Information beschaffen. Hat man richtig gelegen, dann sollte man darauf verzichten, es dem anderen unter die Nase zu reiben. Hat man falsch gelegen, ist es die Gelegenheit, sich in Größe zu üben und anzuerkennen, dass man falsch lag.

Was man aber auch daraus lernen kann, ist, wie man jemandem vermittelt, dass er falsch liegt. Und das ist schlicht und einfach eine Form von Feedback geben (<- hier ist der Bogen zu Führungskompetenz – #WinkmitdemZaunpfeil).

Empfehlenswert ist

  1. die Leistung oder den Standpunkt des Gegenübers anzuerkennen, oder wertzuschätzen.
  2. auf die Fehlinformation aus seinem Standpunkt hinweisen.
  3. die richtige Information als Meinung bzw. aus seiner Perspektive formulieren.
  4. die Möglichkeit eröffnen, dass das Gegenüber sich äußert.

Diese Punkte zu befolgen lohnt sich, und zwar unabhängig davon wie sicher du dir bist, im Recht zu sein.

 

Jetzt wird’s konkret: so kannst du jemandem sagen, dass er unrecht hat.

Antwort auf Musterbeispiel 1:

“Du gibst in deinem Kommentar viele gute Tipps, nur bei einem Punkt möchte ich ergänzen, dass meines Wissens nach Information XYZ und nicht ABC richtig ist. Oder beziehst du dich auf etwas anderes?”

Darauf kann ich problemlos reagieren, und anerkennen, dass ich mich getäuscht habe, oder ergänzen, warum ich vielleicht eine Information anders dargestellt habe. Am Ende haben alle ein konstruktives Gespräch geführt und alle fühlen sich gut.

Antwort auf Musterbeispiel 2:

“Weißt du was, viele denken tatsächlich, dass die Grenze zwischen beiden Stadtteilen dort und dort liegt. Die meisten ordnen dieses Viertel auch dem Stadtteil XY zu. Als ich irgendwann gehört habe, dass es nicht so ist, war ich auch ganz überrascht. Da habe ich nachgeschaut, und tatsächlich liegt die offizielle Grenze laut Stadtplan hier und dort. Aber in der Tat ist es im Volksmund zum Teil anders gebräuchlich.”

Auch hier habe ich die Möglichkeit, anzuerkennen, dass ich mich getäuscht habe, ohne mich dabei schlecht zu fühlen (weil ja offensichtlich viele den gleichen Fehler machen). Ich fühle mich von der Richtigstellung nicht erniedrigt und habe am Ende sogar etwas gelernt.

 

Manche werden entgegnen, dass man jetzt nicht immer Rücksicht auf die Gefühle der anderen nehmen muss. Und ja, vielleicht ist es nicht zwingend notwendig. Vor allem, wenn man weiß, dass man mit ihnen nichts mehr zu tun haben wird. Aber es ist definitiv schöner und angenehmer. Für alle.

 

Warst du auch schon mal in einer solchen Situation? Wie hast du es gehandhabt?

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